Adjektive

„Das ganz junge Kind…hat gehört, wie die Milch „kochend heiß“ genannt wurde, empfindet die Wärme und empfindet dann die Ofenwärme. Folglich ist diese dann auch „kochend heiß“. Diese logische Tätigkeit des induktiven Verfahrens herrscht nun vor.“
W. T. Preyer 1882, 1989, Die Seele des Kindes

Etwa ab dem dritten Lebensjahr beginnt das Kind, Adjektive zu verwenden, um Objekte, Personen, Tiere usw. genauer zu beschreiben. Die ersten beobachtbaren Adjektive vermitteln leicht erkennbare Eigenschaften. 

Oft haben sie eine bildliche Entsprechung, wie zum Beispiel groß, klein, lang, dünn, dick; heiß, kalt, schmutzig, sauer; rot, blau; viele, zwei (qualitative Aspekte).

 

Diese Adjektive unterscheiden sich von sogenannten relativen Adjektiven (wie „ähnlich“), die erst viel später erworben werden, darin, dass sie lediglich eine semantische Lücke aufweisen und in Prädikativsätzen verwendet werden können (Der Junge ist groß. Die Milch ist heiß.).

Prädikativsätze spielen eine wichtige Rolle im Sprachumfeld der Erwachsenen. Daher tauchen Adjektive vermehrt im zweiten Lebensjahr auf (vor ihrer Verwendung durch das Kind), wenn das Kind mehr Selbstständigkeit im Alltag erreicht.

Die ersten Adjektive werden sowohl attributiv als auch prädikativ verwendet. Allerdings treten sie zunächst noch als unanalytische Einheiten auf, die reproduzierte Wortgruppen darstellen, die sie zuvor oft gehört haben.

Ein Adjektiv kann als verfügbar betrachtet werden, wenn es verwendet wird, um verschiedene Objekte zu charakterisieren (großes Auto, großer Ball, großes Haus) und sowohl prädikativ als auch attributiv eingesetzt wird.

In attributiver Verwendung erscheinen um das Alter von 2;0 Jahren häufig die Adjektive „groß“, „rot“ usw. In prädikativer Verwendung kommen um das Alter von 2;3 Jahren auch „heiß“, „kaputt“ und „kalt“ vor.

Hier sind Beispiele für Adjektive mit bildlicher Entsprechung in der kindlichen Lebenswelt:

– kaputt – ganz – groß – klein – dick – dünn – heiß – kalt – sauber – schmutzig – sauer – süß – schief – gerade – rot, blau, …..

Adjektive sind, ebenso wie Adverbien, bereits früh im Sprachumfeld der Erwachsenen vorhanden. 

Eltern und Bezugspersonen müssen viele Unterscheidungen und Kennzeichnungen vornehmen, die für die Alltagssteuerung notwendig sind. Beispiele hierfür sind:

„Warte, die Milch ist heiß!“

„Nimm dir einen kleinen Löffel.“

„Du kannst das nicht in den Mund nehmen, es ist schmutzig!“

„Das Messer ist sehr spitz, das kannst du nicht haben.“

„Das Eis ist sehr kalt.“

„Das Auto ist kaputt.“

Hier sind Dialogbeispiele für erste eigeninitiierte Äußerungen mit Adjektiven:

ALTER: 2:0

SITUATION: Das Kind betrachtet die Anhängerkupplung einer Lokomotive in einem bekannten Bilderbuch

KIND: Eiha Anhänger putt (Eisenbahn Anhänger kaputt)

ALTER: 2;1

SITUATION: Das Kind sieht eine große Wasserpfütze

KIND: Goße Sassa (großes Wasser)

ALTER: 2;2

SITUATION: Nachdem das Kind ein Buch aus dem Schrank genommen hat

KIND: Danz doßer Buch hab ich geholt (ganz großes Buch)

ALTER: 2;6

SITUATION: Das Kind sieht ein Mädchen mit einem großen Rucksack

KIND: Der is schwer, der Rucksack

Gelegentlich verwechselt das Kind „semantisch nahe liegende Adjektive“, wie zum Beispiel „dick“ und „groß“ oder „lang“, „langsam“ und „leise“, oder „unbeweglich“ und „hart“.

ALTER: 2;11

SITUATION: Das Kind beobachtet, wie der Vater Bier in ein Glas gießt und den ruhigen Schaum im Glas zeigt

KIND: Das ist hart!

ALTER: 3;1

SITUATION: Das Kind wird mit einem Schlitten gezogen. Es möchte, dass die Mutter erst langsam losgeht und dann den Schlitten schnell an ihm vorbeifährt

KIND: Nochmal, erst leise dann schnell fahren!